Engagierte Lehrkräfte stehen vor hohen Anforderungen. Nun müssen bessere Beschäftigungsbedingungen folgen.

Die Resonanz auf den Beitragsaufruf für das ALFA-Forum zum Thema „Professionalisierung“ war groß. Wie arbeiten Lehrkräfte in der Grundbildung und wie werden sie dafür ausgebildet? Diese Fragen stellen sich Politik, Grundbildungsprojekte, Bildungsträger und nicht zuletzt die Lehrkräfte selbst. Immer wieder erreichen den Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. Anfragen von Menschen, die gerne Lesen und Schreiben für Erwachsene unterrichten möchten und nach den Einstiegswegen und -voraussetzungen fragen. Bislang gibt es darauf keine klareAntwort. Jeder Bildungsträger legt seine Anforderungen selbst fest.

Handlungsempfehlungen: hohe Anforderungen für eine anspruchsvolle Tätigkeit

In der AlphaDekade wurden Handlungsempfehlungen für die Aus- und Fortbildung in der Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener erarbeitet. Diese sehen einen einschlägigen Hochschulabschluss als gute Voraussetzung für ein breites Aufgabenspektrum, in dem Kursleitende bereit sein sollten, „sich selbst gleichzeitig gestaltend und lernend einzubringen“. Alternativ zum Hochschulstudium wird eine mehrjährige spezifische Berufserfahrung genannt, zu der sich zusätzlich eine pädagogische Grundqualifikation bewährt habe. Dazu wird allen künftigen Kursleitenden zusätzlich zu ihrer Ausbildung mindestens eine Qualifizierungsmaßnahme im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung empfohlen, für die ein Mindestumfang von 80 Unterrichtseinheiten in Präsenz vorgeschlagen wird. Diese hohen Anforderungen sind gerechtfertigt für diese anspruchsvolle Tätigkeit, die den lernenden Menschen in den Mittelpunkt stellt, und weit über das Vermitteln von Lesefertigkeit und Rechtschreibung hinausgeht. Für die Qualität der Grundbildungsangebote sind professionelle Lehrkräfte von großer Bedeutung. So heißt es auch im gemeinsam von Bund und Ländern geförderten Nationalen Bildungsbericht 2022, der im Juni mit dem Schwerpunkt „Bildungspersonal“ veröffentlicht wurde: „Für die Gestaltung gelingender Bildungsprozesse nimmt das Personal eine Schlüsselrolle ein.“ (Autor:innnegruppe Bildungsberichterstattung 2022, S. 251). Der Bericht sieht die Personalgewinnung im Bildungswesen als große Herausforderung in den nächsten Jahren an.

Angemessene Bedingungen?

In der politischen Auseinandersetzung mit Professionalisierung spielt allerdings bislang keine Rolle, unter welchen Bedingungen Grundbildungslehrkräfte arbeiten. Für das aktuelle ALFA-Forum zum Thema „Professionalisierung“ geben Margot Eisenmeier und Peter Hubertus persönliche Einblicke in ihre Berufslaufbahnen – Beiträge, die deutlich machen: Unter aktuellen Bedingungen müssen gut ausgebildete und engagierte Lehrkräfte es sich leisten können, in Grundbildungskursen zu unterrichten oder Fortbildungsangebote wahrzunehmen. Peter Hubertus gibt außerdem einen Überblick über die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und hat sich die Mühe gemacht, Honorarhöhen zu recherchieren. Die Übersicht macht zum einen die unterschiedliche Bezahlung zwischen Standorten und Bundesländern sichtbar sowie das niedrige Grundniveau der Honorare, die meist zwischen 20 und 30 Euro pro Stunde liegen und keine Entlohnung der Vorbereitungszeit vorsehen. Wir stellen Ihnen die beiden sehr lesenswerten Beiträge digital zur Verfügung. Den Beitrag von Frau Eisenmeier finden Sie hier, den Beitrag von Herrn Hubertus hier.

Im österreichischen Magazin erwachsenenbildung.at schildert BVAG-Vorstandsmitglied Marsilia Podlech aktuell gemeinsam mit WiBeG-Kolleginnen eine kleine Pilotstudie zu Berufsbezeichnungen in der Grund- und Basisbildung (Steger/Mazza/Podlech 2022). Ergebnis ist, dass die Akteurinnen sich mit unterschiedlichen Bezeichnungen identifizieren und bessere Rahmenbedingungen wünschen. Dabei geht es ihnen unter anderem darum, dass ihre anspruchsvolle Tätigkeit den Anklang von Hobby oder Ehrenamt verliere. Aline Steger, Francesca Mazza und Marsilia Podlech schreiben, dass davon ausgegangen werde, dass eine gemeinsame Berufsbezeichnung sich positiv auf den Professionalisierungsprozess auswirken könne.

Wir sagen: In der Grundbildung zu unterrichten ist kein Hobby! Die Beiträge im aktuellen ALFA-Forum zeigen wieder einmal eindrücklich, wie vielseitig die Aufgaben sind. Das wachsende Fortbildungsangebot trägt diesen Anforderungen Rechnung. Nun ist es an der Zeit, dass für diesen Beruf endlich ein angemessener Lohn gezahlt wird. Verbesserte Beschäftigungsbedingungen sind die einzige Möglichkeit, flächendeckend qualifiziertes Personal zu gewinnen und langfristig zu binden. Dies kommt dem Ziel der Steigerung des Lernens und der Verbesserung der Kompetenzen zugute – denn ohne geeignete Lehrkräfte keine Erwachsenenbildung.

Text: Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung

Quellen und weiterführende Hinweise finden Sie hier.